Logo

 

Übung

 

Fallbeispiel November 2011
von Christl Oelmann

Madeleine kommt in die Beratung mit der Frage: „Obwohl es mir eigentlich gut geht, bin ich immer wieder zwischendurch stark deprimiert. Findet sich im Horoskop ein Hinweis darauf?“

Was meinen Sie?

Deutungsvorschlag für
Fallbeispiel November 2011
von Christl Oelmann

Abkürzungen:
Konj. = Konjunktion
Opp. = Opposition
Qua. = Quadrat

Frage:

Madeleine kommt in die Beratung mit der Frage: „Obwohl es mir eigentlich gut geht, bin ich immer wieder zwischendurch stark deprimiert. Findet sich im Horoskop ein Hinweis darauf?“

Analyse:

Sofort fällt auf, dass Madeleine von der Elementeverteilung her kein Feuer, wenig Luft, doch sehr viel Erde und Wasser hat. Es ist also ein „weibliches Horoskop“ und von daher ist ihr Temperament eher weich, abwartend, einfühlend und tief empfindend (Erde und Wasser), mit einem Schuss Leichtlebigkeit (Luft), die aber auch schon wieder durch Aspekte verwässert wird (Neptun und Mond in Skorpion).

Außerdem hat sie von den Qualitäten (Kreuzen) her keine kardinalen Punkte, ist fix und veränderlich „gestrickt“ und deshalb einesteils schwer zu motivieren, langsam, dann aber sehr ausdauernd. Auftauchende Probleme werden unter Umständen lange bebrütet, bevor der Versuch, sie zu bewältigen, gestartet wird. Madeleine wirkt von der fixen Qualität her nach außen sehr wahrscheinlich ruhig, unbeirrt und vielleicht sogar gelassen. Dadurch fällt es der Umgebung schwer sich vorzustellen, dass sie Probleme mit sich herumtragen könnte. Madeleine selber aber wird darüber nicht von sich aus sprechen (fix). Vielleicht wenn sie danach gefragt wird.

Mit der ebenfalls vorhandenen veränderlichen Qualität, ist es aber auch möglich, dass Madeleine wenig Eigendynamik entwickelt und sich eher dem „Klima“ der Umgebung anpasst. Passt das Klima ihrer Umgebung aber nicht zu ihrem eigenen Temperament, wird sie sozusagen gelebt, statt selber zu leben. In diesem Fall wäre Madeleines Aufmerksamkeit auch nicht sehr auf ihre Problematik gerichtet, ja sie müsste vielleicht sogar erst auf anstehende Probleme von ihrer Umgebung aufmerksam gemacht werden.

In beiden Fällen könnten vom Temperament her ab und an depressive Stimmungslagen entstehen, im Fall der fixen Qualität durch zu langes Unterdrücken und Bebrüten, im Falle der veränderlichen Qualität durch Nicht-Wahrnehmen-Wollen (oder -Können) der Problematik, die sich dann über die Stimmungslage nach oben drängen würde.

Da Merkur, Venus, Mond und Jupiter, drei persönliche Planeten und Jupiter als „Verstärkung“, in der fixen Qualität stehen und, obwohl veränderlich, die Sonne mit Konj. Saturn sowie AC und Mars in Jungfrau auch eher nach innen orientiert sind, vermute ich stark, dass Madeleine ihr Leben mehr auf fixe, als auf veränderliche Art und Weise lebt (was sie mir auch bestätigt hat).

Sehr wichtig ist für sie der Arbeitsbereich, ihr Beruf und dort hat sie mit Sonne Konj. Saturn und Chiron im 6. Haus wohl auch eher die Anlage, zum Packesel und zur Verantwortungsträgerin (teils wider Willen gemacht) zu werden. Mit Chiron an dieser Stelle hat sie wahrscheinlich das Gefühl nicht perfekt genug, nicht gut genug zu sein. Gleichzeitig ist dieser Punkt „ein Fass ohne Boden“, das heißt, auch wenn sie immer wieder vorgeführt bekommt, dass sie gut genug oder gar perfekt ist, wird sie es nicht glauben und an sich und ihrer Arbeit zweifeln. Mit Sonne, Saturn und Chiron im 6. Haus ist es aber auch gut möglich, dass Gesundheit und Krankheit in Madeleines Leben eine größere Rolle spielen. Sie bestätigt dies auch, indem sie erzählt, dass sie zu Suchtverhalten neigt (Arbeits- und Beziehungssucht (6. und 7. Haus in Fische), sowie zu starken Kreislaufstörungen (Sonne in Haus 6).

Mit Mond und Sonne im Wasser und Neptun im Quadrat zu Venus, Sextil zum Mars/AC und Opp. zu Jupiter hat sie ein überdimensioniertes Einfühlungsvermögen für andere, versucht wahrscheinlich von Kindheit an, es ihnen recht zu machen und hat dabei sich, ihre Bedürfnisse und das, was sie braucht, was ihren Werten und Vorstellungen entspricht, völlig aus den Augen verloren.

Dazu kommt AC in Jungfrau, der ja (auch) heißt: „Ich bin nicht da um Spaß zu haben, sondern um nützlich zu sein“. Oft sind die Kinder mit AC Jungfrau auch hier angetreten, mit dem Gefühl, verantwortlich zu sein für eine funktionierende Beziehung der Eltern und der Familie. Sie tragen also gleichsam die Bürde der Eltern oder der Familie. Der sehr zurückgenommene Mars in Jungfrau mit Sextil zu Neptun, kann meist nur für Andere arbeiten und sich am besten für die Andere durchsetzen, aber schlecht für sich selbst, zur eigenen Bedürfnisbefriedigung.

Eine Themenwiederholung des gerade Beschriebenen findet sich bei Lilith in Haus 4 in Steinbock. „Ich trage die Bürde der Familie, der Sippe, ich trage die Verantwortung für deren Wohlergehen“. So kann daraus ein Mensch entstehen, der entweder ganz früh aus der Familie flüchtet oder aber sehr schlecht von der Mutter (Lilith in Haus 4) und den Einflüssen der Familie loskommt. In beiden Fällen ist es aber schwierig für Madeleine in ihre eigene Kraft zu kommen, ihren eigenen Weg zu finden. Denn da Lilith und Chiron beide einen Aspekt zu Uranus/Pluto werfen und diese Zwei im 12. Haus stehen, ist die Botschaft: „Du darfst deine Kraft, deine Individualität nicht leben, denn dann wirst du nicht mehr geliebt, wirst gleichsam ausgestoßen aus der Sippe“.

Fatal daran ist, dass sie ihre Kraft, ihre Regenerationskraft, ihre Macht (Pluto) und ihren unbändigen Wunsch ein Individuum zu werden, sich also abzusetzen von den Vorstellungen der Sippe, sehr wahrscheinlich nicht spüren kann, weil sich Pluto und Uranus im 12. Haus befinden. So wird sie mehr in der Ohnmacht und in Abhängigkeit von den Vorstellungen und Wertmaßstäben der Sippe leben als in ihrer eigenen Kraft.

Die MK-Achse auf 3/9 zeigt aber sehr deutlich, dass sich ihre Seele vorgenommen hat, zu eigenen Vorstellungen, eigenen Werten, einem eigenen Weltbild, zu einem eigenen Glaubenssystem und vor allem auch in die Leichtigkeit und Oberflächlichkeit (dies ist ganz positiv zu sehen) des Lebens zu gelangen. Dies gelingt aber nur, wenn sie sich als Individuum (ich bin anders als die anderen) wahrnehmen kann. Doch immer wenn Madeleine es wagt dahin zu denken und Möglichkeiten der Umsetzung zu versuchen, warnt sie gleichzeitig eine innere Stimme, „wenn du dich wirklich selber lebst, deinen eigenen Weg gehst, dann läufst du Gefahr verletzt, von Menschen, die dir wichtig sind, zurückgewiesen zu werden (Chiron im Trigon und Venus im Qua zu Neptun).

Bis zuletzt habe ich nicht über den Mond in Skorpion gesprochen, der ein Tri. zu Sonne und Saturn wirft. Ein von sich aus tiefgründiger, vielleicht sogar ein wenig leidender Mond, dem der Aspekt von Saturn noch etwas zusätzlich Hartes und Einschränkendes vermittelt. Sicher ist ein Trigon ein harmonischer Aspekt, doch Saturn auf einem Skorpionmond lässt auch hier keine lebenslustigen, leichten und oberflächlichen Gefühle zu. Auch als „Begrenzung des tiefen Skorpionwassers“ eignet er sich im Zeichen Fische nicht so optimal. Dasselbe gilt für seine Konj. mit der Sonne.

In der Wahrnehmung ihrer Eltern (Mond und Sonne) hat mir Madeleine sowohl das Trigon von Saturn zum Mond als auch seine Konj. zur Sonne bestätigt: Der Vater ist noch vor ihrer Geburt verstorben und die Mutter hat sie „als einzige Hinterlassenschaft von ihm“ bis heute nicht aus ihrer symbiotischen Anspruchshaltung entlassen. Gleichzeitig ist die Mutter nach dem Tod des Mannes vollkommen von der Sippe aufgefangen und aufgenommen worden und lebt noch heute in diesem starken Verband. Madeleine kann sich dagegen nicht wehren, da sie sich „so total in die Mutter einfühlen kann“.

Alle besprochenen Fakten können sehr wohl in immer wiederkehrende depressive Verstimmungen führen – es ist als wolle die Seele ein Zeichen geben, etwas zu verändern, dem Weg der Mondknotenachse zu folgen. Aber auch dem eigenen Weg, den Lilith mit ihrem Aspekten zu Saturn, Uranus und Pluto weist. Ein Weg in die Verantwortung für das eigene Wohlergehen, in die Abnabelung von Mutter und Sippe und letztlich in die Eigen-Mächtigkeit.

Dadurch dass in Madeleines Horoskop das „Neptunische“ eine große Rolle spielt (Fische, Aspekte von Neptun, besetztes 12. Haus) ist es naheliegend, dass manch einer an eine spirituelle Lösungsstrategie denkt. Das ist aber in diesem Fall wirklich kontraindiziert. Denn Probleme müssen zunächst auf der Ebene gelöst werden, auf der sie auftreten. Depressive Verstimmungen gehören der psychischen Ebene an. So ist bei diesem Horoskop in jedem Fall eine Psychotherapie anzuraten.

Doch muss Madeleine natürlich deutlich darauf hingewiesen werden, dass psychologisch abgeklärt werden muss, ob es sich um eine mögliche echte (endogene oder reaktive) Depression handelt. Sollte dies nämlich der Fall sein, sind die Grenzen der Astrologie erreicht.

 

© Copyright Christl Oelmann

 

das kind