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Übung

 

Fallbeispiel März 2012
von Christl Oelmann

03-2012

Daniela ist Single aus Überzeugung und kommt mit einer massiven Geschwister- und Familienproblematik zur Beratung. Sie möchte wissen, ob das „schicksalhaft ist“ oder ob sie durch eine Familienaufstellung etwas verändern könnte.

Was meinen Sie?

Deutungsvorschlag für
Fallbeispiel März 2012
von Christl Oelmann

Abkürzungen:
Konj. = Konjunktion
Opp. = Opposition
Qua. = Quadrat

Frage:
Daniela kommt mit einer massiven Geschwister- und Familienproblematik zur Beratung. Sie möchte wissen, ob das „schicksalhaft ist“ oder ob sie durch eine Familienaufstellung etwas verändern könnte.

Analyse:
Was ist „schicksalhaft“? Ich sehe Schicksal nicht in erster Linie karmisch (was wissen wir christlich sozialisierte Menschen wirklich über Karma?), sondern für mich beginnt Schicksal ganz „irdisch“, nämlich mit der Familie, der Umgebung und den Umständen, in die wir hineingeboren werden. Des Weiteren ist für mich schicksalhaft, mit welchen körperlichen, geistigen und seelischen Möglichkeiten wir ausgestattet sind, um mit diesen Faktoren und mit den Ereignissen, die das Leben uns bringt, umzugehen. Aus meiner Sicht kann Schicksal also durchaus den Lehrplan enthalten, den zu bearbeiten sich die Seele vorgenommen hat. Schicksal ist für mich also nichts Unveränderbares, sondern eher eine Aufforderung, etwas zu verändern - und wenn es vielleicht „nur“ das Begreifen der Umstände und die Veränderung der Einstellung dazu ist. Astrologisch gesehen können betonte Häuser, heftige Aspekte oder Aspektfiguren durchaus den Schauplatz anzeigen, an dem der Mensch reifen und den Lehrplan der Seele aufspüren will. Sie können also „schicksalhaft“ werden.

Wenn ich Danielas Frage höre und ihr Horoskop betrachte, in dem die Familien- und Sippenhäuser 4-8-12 und das Geschwisterhaus 3 besetzt sind, dann ist ihre Problematik deutlich im Horoskop angelegt und die Frage ist, wie sie im Laufe des Lebens gelernt hat und lernen wird, damit umzugehen.

Häufig findet sich beim AC Jungfrau ein Mensch, der angetreten ist, in Systemen Ordnung zu schaffen, in Danielas Fall sieht es aus, als wenn sie in Haus 8 (Sonne, Merkur, Mond) in Haus 3 (Saturn), in Haus 4 (aufsteigender MK und Lilith an der Spitze 4) sowie in Haus 12 (Pluto) „aufräumen“ wollte.

Am IC erfahren wir, was Daniela an Familienklima gebraucht hat, um sich mit dem Gefühl der Geborgenheit die Qualität des MC in Zwillinge erschließen zu können. Ein weltoffenes, bildungsbewusstes Elternhaus, das (vielleicht im Glauben verankert) weitgehend tolerant die Vorstellungen und Erkenntnisse anderer anerkennt. Doch Daniela erzählt, dass eigentlich das Gegenteil der Fall war: Den Vater erlebte sie in ihrer Kindheit und Jugend einerseits als dogmatisierend, andererseits als manipulierend (Sonne/Merkur Trigon Pluto). Die Mutter war für Daniela extrem unzuverlässig und schlecht einschätzbar, mit heftigen Gefühls- und Wutausbrüchen (Mond Qua Uranus, Tri Pluto). Daniela „bastelte“ sich, wie sie es selbst ausdrückt, eine ideale Mutter und einen idealen Vater (Jupiter Qua Sonne/Merkur und Mond), liebevolle, ihr zugewandte Eltern und war die Kindheit über der Meinung, bei der Geburt verwechselt worden zu sein. Sie fühlte sich als vollkommener Außenseiter dieser Familie (Lilith Spitze 4), zumal ihre ältere Schwester, die mit ihr stark rivalisierte (Spitze 3 in Skorpion), mit den Eltern weitaus besser zurechtkam und überall versuchte, Daniela in „ohnmächtige Situationen“ zu bringen. Daniela fühlte und fühlt sich der Schwester gegenüber immer zurückgesetzt, ein bisschen dumm, ausgebremst und ausgenutzt; sie war und ist „der Packesel der Familie“ (Saturn in Haus 3). Sie hat den Kontakt zu den Eltern weitgehend abgebrochen, mit der Schwester telefoniert sie ab und zu, doch die Gespräche enden meist im Streit. Darunter leidet sie sehr, denn sie wünscht sich Kontakte und fühlt sich der Familie sehr verbunden (Venus als Dispositorin ihrer Sonne, sehr stark in Fische im 7. Haus und als Herrin von Haus 2 zuständig für den Selbstwert von Daniela).

Ist eine Familienaufstellung also das Richtige?

Die MK-Achse von Haus 10 nach Haus 4 zeigt an, dass Daniela sich für dieses Leben vorgenommen hat, sich nicht nur im Außen, für die Gesellschaft und die berufliche Laufbahn zu verwirklichen (absteigender MK in 10), sondern sich ihren seelischen und familiären Wurzeln zu widmen, sich selber ein Nest zu bauen, sich selber Geborgenheit zu geben und sich auf diese Weise zu verankern (aufsteigender MK in 4). Dabei ist ihr wichtig, einen eigenen Sinn, in dem was ihr widerfährt, zu finden (Schütze). Dann kann sie auch Lilith in ihrer Stärke zulassen und leben.

Das 8. Haus ist für diese Frage als Erstes als „Sippenhaus“ heranzuziehen, in welchem wir die Aufträge der Sippe und/oder der Familie finden (wie auch in Haus 12). Des Weiteren ist ein Mensch mit Sonne/Merkur/Mond in Haus 8 sicher sowohl mit der Bereitschaft als auch mit den dazugehörenden Ängsten, sich tiefgreifend zu wandeln (wandeln zu lassen?), ins Leben getreten. Häufig erfolgt diese Wandlung über Familien- und Sippenthemen, bei Daniela ist das ganz sicher.

Was aber sind nun die Aufträge an Daniela? Ich persönlich benutze zur Beantwortung die Vorschläge von Karen Hamaker-Zondag, da sie eben nicht determinativ „schicksalhaft“ deutet. Sie sagt, dass der Auftrag wäre, die Energie der Planeten in den Häusern 8 und 12, mit etwas Eigenem, Individuellem zu füllen, je nach Zeichen und Aspekten. Der vorgegebenen Form also neuen Inhalt zu geben. Ist also die Energie von Sonne/Merkur/Mond in Danielas Familie eher destruktiv gelebt worden oder konnte sie etwa gar nicht gelebt werden, so kann es Danielas Auftrag sein, genau diese Planeten auf ihre eigene Art und Weise zum Ausdruck zu bringen und damit in der Familie oder Sippe etwas heil werden zu lassen.

Wenn diese Planetenenergien gut gelebt wurden, dann kann der Auftrag lauten, so weiterzuleben, und doch einen eigenen Anteil, einen eigenen Inhalt dazuzugeben. Frei nach der Aufforderung von Goethe: „Was du ererbt von deinen Vätern, erwirb es, um es zu besitzen“.

Dasselbe gilt für Pluto in Haus 12, der ein Trigon zu Merkur/Mond und Sonne wirft. In Haus 12 finden sich auch häufig noch Informationen über die letzten Wochen vor der Geburt, die das ungeborene Kind im Leib der Mutter „hautnah“ miterlebt hat.

Als Letzes ist noch Haus 3 zu betrachten, das in Skorpion angeschnitten ist und in dem Saturn steht. Zur Frage passend wählen wir hier das 3. Haus als Symbol für Geschwister und Verwandtschaft. Daniela wünscht sich eigentlich tiefe, intensive geschwisterliche oder verwandtschaftliche Bande (Skorpion Haus 3), auf die sie sich verlassen kann, und die sie unterstützen (Saturn in 3), um sich tiefgreifend (Saturn in Skorpion Qua Pluto in 12) über die Familie und Sippe hin zu sich selbst, ihren Zielen, Vorstellungen, ihren Bedürfnissen und Gefühlen entwickeln zu können (Pluto Trigon Merkur/Mond Sonne in Haus 8). Um dann bei ihrem Mondknoten in Haus 4 anzukommen. Was sie aber vorgefunden hat, sind Rivalität und Machtkonflikte mit ihrer Schwester, also die Schattenseiten von Skorpion und Saturn.

Wenn wir zurückdenken an die Erzählung von Daniela, hat sie nicht nur mit ihrer Schwester eher die Schattenseiten erfahren, sondern wir können davon ausgehen, dass die Energien von Sonne/Merkur/Mond, zumindest von ihren Eltern, vielleicht auch von der Sippe, eher destruktiv gelebt wurden. Daniela fragt, ob das „schicksalhaft“ ist oder ob eine Familienaufstellung etwas verändern könnte.

Nach meiner Definition von Schicksal ist die erste Frage mit Ja zu beantworten: Sie wurde in diese Familie hineingeboren, sie kann also davon ausgehen, dass sie über diese Familienkonstellation etwas erfahren, lernen möchte und bereit ist, sich zu verändern. Es ist also absolut nichts Determinatives im Sinne von: „Mein Schicksal kann ich nicht verändern, sondern muss es ertragen“. Sondern es ist veränderbar und zwar vor allem auch über die Aufträge der Sippe: Lebe Deinen eigenen Willen, deine eigenen, individuellen Ziele (Sonne in 8 Qua Uranus), mache dir deine eigenen Vorstellungen, deine eigenen Gedanken, vertraue deiner inneren Stimme (Merkur in 8 Opp. Neptun) und erforsche deine Bedürfnisse, das, was du dringend brauchst (Mond in 8) und entdecke darüber langsam und vorsichtig deine dir eigene, verborgene Kraft und Wandlungsfähigkeit (Pluto in 12).

Auch die zweite Frage nach der Familienaufstellung ist mit Ja zu beantworten, doch eine einfache Familienaufstellung wird nicht genügen.

Daniela muss sie therapiebegleitet machen, d.h. es müssen Vor- und unbedingt Nachgespräche dazu angeboten werden.

 

© Copyright Christl Oelmann

 

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